Die historischen Wurzeln des Anschlusszwanges der Genossenschaften an Prüfungsverbände

Anlässlich der 9. Tagung zur Genossenschaftsgeschichte am 7. und 8. November 2014 in Hamburg, verfasste Wilhelm Kaltenborn die folgende kritische Auseinandersetzung mit dem bis heute unterschiedlich interpretierten Wurzeln des Anschlusszwangs der Genossenschaften an Prüfungsverbände (Zwangsmitgliedschaft).

Das modernere Genossenschaftswesen war von Beginn an auf Selbsthilfe, Selbstverantwortung, Selbstverwaltung ausgerichtet. Der Genossenschaftstag des Deutschen Genossenschaftsverbandes (DGV) von 1930 in Hamburg verabschiedete umfangreiche, in 25 Einzelpunkte gegliederte Leitsätze zur Prüfung, die keinerlei Andeutung über einen Zwang zum Anschluss von Genossenschaften an einen Verband enthielten.

Die Novelle zum Genossenschaftsgesetz wurde formal von der Reichsregierung beschlossen und von Adolf Hitler als „Führer und Reichskanzler“ und dem Reichsjustizminister Gürtner unterschrieben. Zu ihrer Rechtskraft bedurfte es keiner parlamentarischen Mitwirkung mehr. Seit dem Ermächtigungsgesetz vom März 1933 waren Legislative und Exekutive in der nationalsozialistischen Reichsregierung zusammengefasst. Es ist deshalb mehr als makaber, wenn in vielen Kommentaren Überlegungen darüber angestellt werden, was wohl „der“ Gesetzgeber mit seinem Gesetz erreichen wollte.

Tatsächlich war auch der Paragraph 54 des Genossenschaftsgesetzes Teil der nationalsozialistischen Politik der Gleichschaltung ab Januar 1933.


Die historischen Wurzeln des Anschlusszwanges der Genossenschaften an Prüfungsverbände
 
Der Gegenstand meiner Bemerkungen ist der Paragraph 54 des Genossenschaftsgesetzes: „Die Genossenschaft muss einem Verband angehören, dem das Prüfungsrecht verliehen ist (Prüfungsverband).“ Diese Bestimmung gilt seit Oktober 1934. In der offiziellen Begründung dazu wurde dieser Tatbestand „Anschlusszwang“ genannt.
 
Heute wird allgemein von „Pflichtmitgliedschaft“ gesprochen. Das führt zu der Frage: Mit welcher Begründung wird diese Gesetzesvorschrift heute, 80 Jahre später, von Verbänden und Kommentatoren versehen?
 
Dem schließt sich die Frage an: Wie begründet wiederum sind diese Begründungen?
 
Danach wäre zu fragen, in welchem politischen Kontext steht die Novellierung von Oktober 1934, welches sind also ihre Wurzeln und welche Triebe sind ihnen entsprossen?
 
Heute wird behauptet, die damaligen Verbände hätten darauf gedrängt, die – laut neuerer Semantik – Pflichtmitgliedschaft einzuführen, zugleich mit der Prüfungsverpflichtung.
 
Der Grund dafür - so heute die allgemeine Lesart - seien die bösen Erfahrungen in der Weltwirtschaftskrise um 1930 gewesen. In ihr seien die Genossenschaften stärker gebeutelt worden als die Unternehmen anderer Rechtsformen.
 
Jedenfalls sei die Novellierung von 1934 nicht aus nationalsozialistischem Geist geboren.
 
Was ist nun von diesen Argumentationen zu halten, zunächst von dieser: Die Verbände hätten auf die Gesetzesänderung gedrängt?
 
Dazu sei zunächst an Folgendes erinnert: Das modernere Genossenschaftswesen war von Beginn an auf Selbsthilfe, Selbstverantwortung, Selbstverwaltung ausgerichtet. Der Staat sollte außen vor bleiben. Ein weiteres unbedingtes Grundprinzip war die Freiwilligkeit. Zwang hatte im gesamten Genossenschaftsleben keinen Platz. Das galt auch für das genossenschaftliche Verbandswesen. Bei den Diskussionen um die Gesetzesänderungen von 1889, durch die die Verbände überhaupt in das Gesetz Eingang fanden, wurden auch und gerade von verbandlicher Seite vor allem die Passagen heftigst kritisiert, wonach das Recht zur Bestellung von Revisoren seitens des Verbandes vom Staat zu genehmigen war und wonach ferner das Statut des Verbandes auch der höheren Verwaltungsbehörde einzureichen war. Das war entschieden zuviel Staat.
 
Diese Vorschriften galten deshalb als unvereinbar mit dem Prinzip der Selbsthilfe – das ja auch für die verbandlichen Zusammenschlüsse gelten sollte. Viele Genossenschaften verließen ihre eigene Bewegung und wandelten sich in Aktiengesellschaften um.
 
Von konservativer Seite, die diese neuen Regelungen durchgesetzt hatte, wurde in der Folgezeit immer wieder versucht, den Verbänden gesetzliche Zwangsbefugnisse zuzuschreiben. Die Verbände wehrten sich stets dagegen. Das war vor und nach dem Ersten Weltkrieg so. „Die Selbstverwaltung und Selbstverantwortung müßten untergraben werden, sobald dem Revisionsverband gesetzliche Zwangsbefugnisse gegenüber seinen Genossenschaften übertragen würden“, so wurde zum Beispiel in einer Veröffentlichung zur genossenschaftlichen Prüfung von 1927 festgestellt. Der Genossenschaftstag des Deutschen Genossenschaftsverbandes (DGV) von 1930 in Hamburg verabschiedete umfangreiche, in 25 Einzelpunkte gegliederte Leitsätze zur Prüfung, die keinerlei Andeutung über einen Zwang zum Anschluss von Genossenschaften an einen Verband enthielten. Selbst der Verbandstag von 1933 schwieg dazu. Auch von keinem anderen Verband war bis 1934 die Forderung nach einer Zwangsmitgliedschaft erhoben worden.
 
Wohl gab es Diskussionen um die Vorschriften zur Prüfung selbst. Dazu legte die Deutsche Zentralgenossenschaftskasse einen Katalog von Forderungen vor, der Ende 1932 überarbeitet wurde; dem folgte eine kritische verbandliche Stellungnahme, danach Verhandlungen zwischen Verbänden und Zentralkasse, danach ein gemeinsamer Vorschlag an das Reichsjustizministerium und schließlich der ministerielle Entwurf für eine Novelle zum Genossenschaftsgesetz. Das waren also insgesamt fünf Äußerungen zuständiger Institutionen. Keine von ihnen sah irgendeine Art von Anschlusszwang vor. Erst ein weiterer ministerieller Entwurf, der dann – ohne Stellungnahme, ohne Mitwirkung der Verbände – zum Gesetz vom Oktober 1934 führte, sah den Anschlusszwang vor.
 
In der offiziellen Begründung dazu gab es weder einen Hinweis auf die gerade abgeebbte Wirtschaftskrise noch auf das Ziel der Insolvenzvermeidung. 
 
Wie haben denn nun die Genossenschaften im Vergleich zu Unternehmen anderer Rechtsformen die große Weltwirtschaftskrise überstanden? Ein starkes Indiz wäre der Anteil der in der Krise untergegangenen Unternehmen der verschiedenen Rechtsformen. Dank der Tatsache, dass vor 1933 die Genossenschaften in der deutschen Gesellschaft ein äußerst hohes Maß an Akzeptanz zu verzeichnen hatten, beschäftigten sich auch die amtlichen Statistischen Jahrbücher sehr ausführlich mit ihnen und bieten umfangreiches Zahlenmaterial an.
 
Die vier schlimmsten Krisenjahre waren die von 1929 bis 1932. Dazu geben die Zahlen der amtlichen Statistik folgendes her: Von den 52.153 Genossenschaften Anfang 1929 verschwanden bis Ende 1932 – saldiert – 1,25%; von den 46.090 GmbH waren es 8,5% und von den 11.842 Aktiengesellschaften sogar 18,6%.
 
Diese Zahlen sprechen deutlich genug: Die Genossenschaften wurden in der Weltwirtschaftskrise weitaus weniger in Mitleidenschaft gezogen als Kapitalgesellschaften.
 
Nebenbei: Den genannten Zahlen ist zu entnehmen, dass es vor 1933 in Deutschland mehr Genossenschaften als GmbH gab. Heute entfällt auf rund 80 GmbH eine einzige Genossenschaft.
 
Zurück in die dreißiger Jahre: Seit Oktober 1934 mussten nun alle Genossenschaften Mitglied in einem Verband sein. Die Genossenschaften sollten also jetzt – folgt man der Argumentation von Verbänden und Kommentatoren – viel sicherer dastehen als zuvor. Wie entwickelte sich aber ihre Bestandszahl? Nehmen wir die Jahre 1935 (also nach Inkrafttreten der neuen Vorschrift) bis einschließlich 1938, abermals vier Jahre. In diesem Zeitraum verminderte sich die Zahl der Genossenschaften um 4,5%. Das heißt, mit dem Anschlusszwang gesegnet, verschwanden in vier Jahren mehr als dreieinhalb Mal so viele Genossenschaften wie in den vier ärgsten Jahren der Krise. Hierbei mögen auch viele Gründe eine Rolle gespielt haben, die außerhalb der wirtschaftlichen Lage dieser verschwundenen Genossenschaften lagen. Aber diese Entwicklung untermauert gewiss nicht die Sichtweise von Verbänden und Kommentatoren.
 
Also: Weder haben die Verbände die Forderung nach Anschlusszwang erhoben, noch mussten in der Weltwirtschaftskrise unverhältnismäßig viele Genossenschaften aufgeben. Aber welche Motive führten denn nun zum Anschlusszwang?
 
Die Novelle zum Genossenschaftsgesetz wurde formal von der Reichsregierung beschlossen und von Adolf Hitler als „Führer und Reichskanzler“ und dem Reichsjustizminister Gürtner unterschrieben. Zu ihrer Rechtskraft bedurfte es keiner parlamentarischen Mitwirkung mehr. Seit dem Ermächtigungsgesetz vom März 1933 waren Legislative und Exekutive in der nationalsozialistischen Reichsregierung zusammengefasst. Es ist deshalb mehr als makaber, wenn in vielen Kommentaren Überlegungen darüber angestellt werden, was wohl „der“ Gesetzgeber mit seinem Gesetz erreichen wollte. Denn schon bei der flüchtigsten Betrachtung der politischen Szenerie von 1933/34 muss die Vorstellung als absurd erscheinen, dass die Nationalsozialisten, die seit der Machtübernahme am 30. Januar 1933 ohne Zögern daran gingen, mit aller Energie und aller Brutalität die eigenen Vorstellungen von Staat und Gesellschaft durchzusetzen, dass also ausgerechnet sie auf den lediglich sachbezogenen Wunsch der Genossenschaftsverbände nach Anschlusszwang so hilfsbereit reagiert hätten.
 
Tatsächlich war auch der Paragraph 54 des Genossenschaftsgesetzes Teil der nationalsozialistischen Politik der Gleichschaltung ab Januar 1933.
 
Denn auch die Rechtspolitik war seit dem 30. Januar 1933 nationalsozialistisch ausgerichtet. Zu den erklärten Ziele der NSDAP gehörte es, das römische Recht, durch ein deutsches „völkisches“ oder „Gemeinrecht“ zu ersetzen. Der Vorrang des privaten Rechts sollte überwunden werden. Hinsichtlich der Wirtschaft lautete die grundlegende Maxime: Führung und Aufsicht der Wirtschaft liegen beim Staat, die Verwaltung der Wirtschaft bei ihr selbst. Dazu benötigte man Organisationen, die es gestatteten, wirtschaftliche Vorgänge zu führen und zu überwachen. Diesen Apparat fand man unter anderem in den bereits vorhandenen Vereinen und Verbänden der Wirtschaft.
 
Auf die Spitzenverbände hatte der nationalsozialistische Staat inzwischen ausreichend Möglichkeiten auch hinsichtlich der Statuten und der personellen Besetzung einzuwirken. Dazu gab es sehr rasch die entsprechenden Gesetze, zum Beispiel die Verordnung über den vorläufigen Aufbau des Reichsnährstandes vom Januar 1934 oder das Gesetz zur Vorbereitung des organischen Aufbaus der deutschen Wirtschaft vom Februar 1934. Damit konnte – was die Genossenschaften betrifft - auch auf die Unterverbände Einfluss genommen werden. Sie – die Unterverbände - hatten der Verschärfung des Inhalts und Umfangs der Prüfung zu dienen. „Die Pflichtprüfung wurde für den nationalsozialistischen Staat ein Mittel zur Überwachung der wirtschaftlichen Vorgänge.“ (Pramann). Sie diente „in erster Linie der Volksgemeinschaft“ und nicht den Genossenschaftsmitgliedern und den Gläubigern. Die Wirtschaftsprüfer wurden – wie bei den Aktiengesellschaften – „Beauftragte der Volksgesamtheit“.
 
Ein weiteres Zitat: „Die Nationalsozialisten schafften bestehende Institutionen nicht ab, sondern konzentrierten sich darauf, die Kerne der Institutionen zu verändern.“ So sei etwa die politische Schulungsarbeit, also die Indoktrination mit nationalsozialistischer Ideologie, auf die verschiedenen Berufs- und Standesorganisationen der Handwerker und Händler konzentriert worden. Dazu mussten die Genossenschaftsverbände nicht selbst tätig werden. Es gab ausreichend organisatorische und personelle Verknüpfungen zwischen beiden Gruppen.
 
Eine Verordnung von 1936 trieb den Einbau der genossenschaftlichen Welt in den nationalsozialistischen Staat weiter. Es wurde die Einrichtung des öffentlich bestellten genossenschaftlichen Wirtschaftsprüfers geschaffen. Eine staatlich bestimmte Hauptstelle überwachte die genossenschaftlichen Wirtschaftsprüfer, „unbeschadet der Aufgaben der genossenschaftlichen Prüfungsverbände“, so wörtlich diese Verordnung. Es wurde alles getan, um die genossenschaftliche Selbstbestimmung aufzuheben. Der Paragraph 6 der Verordnung bestimmte schlicht - und folgenreich: „Juden sind von der Zulassung zur Fachprüfung ausgeschlossen.“ Und schließlich gab es noch den § 14: „Bei der Bestellung hat der Wirtschaftsprüfer folgenden Eid zu leisten: ‚Ich schwöre bei Gott, daß ich dem Führer und Reichskanzler Adolf Hitler unbedingten Gehorsam leisten werde […].“ Mit anderen Worten, Hitler war der oberste genossenschaftliche Wirtschaftsprüfer.
 
Der Verrat an Schulze und an Raiffeisen war vollkommen. Essentieller Teil alles dessen war die aus nationalsozialistischem Geist geborene Zwangsmitgliedschaft.
 
Schon kurz nach der nationalsozialistischen Machtübernahme wurde eine „Akademie für Deutsches Recht“ gegründet. Ihr Präsident, Hans Frank, war zugleich Reichskommissar für die Gleichschaltung der Justiz (und nach der Okkupation Polens dort Generalgouverneur; 1946 ist er vom Internationalen Kriegsverbrecherprozess in Nürnberg wegen seines opferreichen Wütens zum Tode verurteilt worden).
 
Die Akademie für Deutsches Recht bildete zahlreiche Ausschüsse. Im Februar 1936 nahm dann auch der Ausschuss für Genossenschaftsrecht seine Arbeit auf. Die erste Sitzung des Ausschusses wurde von Hans Frank mit folgenden Worten eröffnet: „Die Akademie für Deutsches Recht hat vom Führer die Aufgabe erhalten, in Zusammenarbeit mit den für die Gesetzgebung zuständigen Stellen das nationalsozialistische Programm auf dem gesamten Gebiete des Rechts und der Wirtschaft zu verwirklichen.“ Frank sprach unverhohlen vom „Totalitätsanspruch des Nationalsozialismus, der, auf das Gebiet des Rechts übertragen, die Umformung aller Rechtsbegriffe im nationalsozialistischen Sinne bedeutet […].“
 
Nach vier Jahren, 1940, hatte dieser Ausschuss eine umfangreiche Denkschrift fertig gestellt. Zum Anschlusszwang heißt es darin: „Die den genossenschaftlichen Verbänden eröffnete Möglichkeit, von zentraler Stelle aus auf die Wirtschaftsführung der angeschlossenen Unternehmen Einfluß auszuüben und sie geschäfts- und wirtschaftspolitisch nach einheitlichen Gesichtspunkten auszurichten, ist in Zeiten, die die äußerste Anspannung und Zusammenfassung aller Wirtschaftskräfte erfordern, naturgemäß von erhöhter Bedeutung und befähigt die Genossenschaften in besonderem Maße zum Einsatz für die großen Ziele der völkischen Wirtschaft“.
 
Ausdrücklich wird gesagt, die Novelle von 1934 sei „bereits nach der neuen Rechts- und Wirtschaftsauffassung ausgerichtet“. Nicht umsonst hieß es schon in der Begründung der Novelle: „Es bedarf der straffen Zusammenfassung der Prüfung aller Genossenschaften bei den zuständigen Prüfungsverbänden.“ Mit anderen Worten: Sie diente dem Führerprinzip. Schulze-Delitzsch nannte die Genossenschaften „Schulen der Demokratie“.
 
Dem Genossenschaftsausschuss der Akademie für Deutsches Recht gehörten auch Johannes Lang und Ludwig Weidmüller an, der eine Anwalt des DGV, der andere dessen Jurist.
 
Diese beiden, Lang und Weidmüller, haben 1938 die dreiundzwanzigste Auflage des traditionsreichen, von einem Freunde Schulze-Delitzschs, Ludolf Parisisus, begründeten Kommentars zum Genossenschaftsgesetz veröffentlicht, in dem gesagt wird: „Ein neuer Abschnitt auch in der Geschichte des deutschen Genossenschaftsgesetzes begann mit der nationalen Erhebung des deutschen Volkes unter seinem Führer und Reichskanzler Adolf Hitler im Jahre 1933. Nationalsozialistisches Gedankengut fand seinen Ausdruck in mehreren umfangreichen Novellen zum Genossenschaftsgesetz, die von dem Willen des nationalsozialistischen Staates zu einer intensiven Weiterentwicklung des deutschen Genossenschaftsgesetz Zeugnis ablegen.“ Sie zählen alle diese Novellierungen auf, auch das Gesetz vom Oktober 1934.
 
Übrigens, die sechsundzwanzigste Auflage des Kommentars veröffentlichten sie 1951. Er war sorgfältig von allem Lob des Nationalsozialismus befreit, sprach aber immer noch vom „Anschlusszwang“.
 
Zurück in die dreißiger Jahre: Im Zuge der Gleichschaltung auch der Genossenschaften wurden ihre verschiedenen Sparten unterschiedlichen Bereichen zugeordnet. Der Reichsorganisationsleiter der NSDAP und Führer der Deutschen Arbeitsfront, Robert Ley, griff nach den Konsumgenossenschaften, später als Reichswohnungskommissar auch nach den Wohnungsgenossenschaften.
 
Adrian von Renteln wurde Präsident des DGV. Er wurde offiziell vom Reichswirtschaftsminister ernannt, der dem DGV 1936 eine neue Satzung gab, durch die der DGV „seine volle staatliche Anerkennung als oberste Prüfungs- und Überwachungsstelle“ der gewerblichen Genossenschaften erhielt. Wohlgemerkt: Der Staat gab dem DGV seine Satzung und der Verband war oberste Überwachungsstelle!
 
Richard Walther Darré, der Agrarpolitiker der NSDAP, wurde Reichslandwirtschaftsminister und Reichsbauernführer und übernahm in dieser Funktion die landwirtschaftlichen Genossenschaften. Alle bisher relevanten landwirtschaftlichen Organisationen wurden im so genannten „Reichsnährstand“ zusammengefasst.
 
Der Tiefpunkt der genossenschaftlichen Geschichte im nationalsozialistischen Deutschland dürfte durch eine Verordnung Görings erreicht worden sein, die – wie der DGV-Präsident schrieb – „große Freude bei den deutschen Genossenschaftern“ auslöste. In dieser Verordnung hieß es: „Ein Jude kann nicht Mitglied einer Genossenschaft sein. Jüdische Mitglieder von Genossenschaften scheiden zum 31. Dezember 1938 aus. Eine besondere Kündigung ist nicht erforderlich.“ Schon vom Juni 1938 stammte ein Plan der nationalsozialistischen Führung (nämlich von Göring, dem Reichsinnenminister Frick, dem Reichswirtschaftsminister Funk, dem Chef der Sicherheitspolizei Heydrich) im Zuge der generellen Enteignung von Betriebsvermögen in jüdischer Hand auch die „Geschäftsguthaben bei Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften“ sich anzueignen.
 
Das war die Konsequenz jener „völkischen“ Sichtweise auf die Genossenschaften, die die Akademie für Deutsches Recht pflegte und die von Johann Lang und Ludwig Weidmüller mitgetragen wurde.
 
Der Verbandszwang als Ausdruck des Führerprinzips bedeutete nichts anderes als die vollständige Aufgabe der genossenschaftlichen Prinzipien von Selbsthilfe, Selbstverwaltung, Selbstverantwortung und Freiwilligkeit. Die Genossenschaften waren Teil des totalitären Staates und einer vollständig reglementierten Wirtschaft und die genossenschaftlichen Organisationen waren williger Bestandteil des nationalsozialistischen Machtapparates. Von einer Genossenschaftsbewegung konnte keine Rede sein. Die genossenschaftliche Idee war – fast im wahren Sinn des Wortes - zum Teufel gegangen.
 
Mit dieser Vergangenheit hat sich das Genossenschaftswesen bis heute nicht auseinandergesetzt – wie die immer noch gängigen Gründe für die Einführung des Anschlusszwangs deutlich machen.
 
 
 

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