Aktuelles Recht - Arbeit und Soziales

Zusammengestellt von Rechtsanwalt Ulrich Northoff

1. Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Zu dem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 14. November 2012, nach dem der Arbeitgeber die Vorlage eines ärztlichen Attestes schon von dem ersten Tag der Erkrankung verlangen darf, ist in der Berichterstattung in den Medien schon darauf hingewiesen worden, dass dieses Urteil nur die bestehende Rechtslage bestätigt.

 

Dabei ist zu unterscheiden zwischen der Meldung der Arbeitsunfähigkeit und dem Nachweis der Arbeitsunfähigkeit.

Die Meldung der Arbeitsunfähigkeit hat „unverzüglich“ zu erfolgen, also sobald dies dem Arbeitnehmer möglich ist und formfrei, also telefonisch, per e-mail, durch Boten oder auf andere Weise über Dritte.

Der Nachweis der Arbeitsunfähigkeit kann in der Regel nur durch die Vorlage einer entsprechenden ärztlichen Bescheinigung erfolgen. Auch bei dieser ist entscheidend, wann diese beim Arbeitgeber eingeht. Dies hat innerhalb der in § 5 Entgeltfortzahlungsgesetz, einem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder dem Arbeitsvertrag festgelegten Frist zu erfolgen oder bei einem entsprechenden Verlangen des Arbeitgebers bereits am ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit. Nur wenn dem Arbeitnehmer die fristgerechte Vorlage der Arbeitsunfähigkeit, gegebenenfalls durch Einschaltung eines Boten, nicht zumutbar ist, verletzt er seine arbeitsvertragliche Pflicht nicht, wenn er dann die Bescheinigung per Post an den Arbeitgeber absendet.

2. Information des Arbeitgebers über strafrechtliche Ermittlungsverfahren

Dazu sind in letzter Zeit zwei scheinbar gegensätzliche Entscheidungen ergangen. Nach dem im Herbstseminar der KONSUM-Tarifgemeinschaft besprochenen Entscheidung eines Landesarbeitsgerichtes durfte ein Chefarzt gekündigt werden, weil er über ein Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Tötung im Zusammenhang mit seiner ärztlichen Tätigkeit nicht den Arbeitgeber informiert hatte.

Das Bundesarbeitsgericht hat jetzt entschieden, dass ein Arbeitgeber bei Einstellung nur ausnahmsweise und nicht schrankenlos nach eingestellten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren fragen darf:

Der 1961 geborene Kläger bewarb sich als sog. Seiteneinsteiger im Sommer 2009 als Lehrer an einer Hauptschule in Nordrhein-Westfalen. Vor seiner Einstellung wurde er aufgefordert, auf einem Vordruck zu erklären, ob er vorbestraft sei, und zu versichern, dass gegen ihn kein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft anhängig sei oder innerhalb der letzten drei Jahre anhängig gewesen sei. Der Kläger unterzeichnete den Vordruck, ohne Angaben zu etwaigen Ermittlungsverfahren zu machen. Er wurde zum 15.09.2009 eingestellt. Im Oktober 2009 erhielt die zuständige Bezirksregierung einen anonymen Hinweis, der sie veranlasste, die Staatsanwaltschaft um Mitteilung strafrechtsrelevanter Vorfälle zu bitten. Die daraufhin übersandte Vorgangsliste wies mehrere nach §§ 153 ff. StPO eingestellte Ermittlungsverfahren aus. Das beklagte Land kündigte das Arbeitsverhältnis außerordentlich, hilfsweise ordentlich, weil der Kläger die Frage nach Ermittlungsverfahren unrichtig beantwortet habe. Der Kläger hält die Kündigung für unwirksam. Bereits eingestellte Ermittlungsverfahren habe er nicht angeben müssen.

Das Arbeitsgericht hat die außerordentliche Kündigung, das Landesarbeitsgericht auch die ordentliche Kündigung als unwirksam angesehen.

Die hiergegen eingelegte Revision des beklagten Landes blieb vor dem BAG ohne Erfolg.

Nach Auffassung des BAG darf ein Arbeitgeber einen Stellenbewerber grundsätzlich nicht nach eingestellten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren fragen. Eine solche unspezifizierte Frage verstoße gegen Datenschutzrecht und die Wertentscheidungen des § 53 Bundeszentralregistergesetz (BZRG). Stellt der Arbeitgeber die Frage dennoch und verneint der Bewerber in Wahrnehmung seines informationellen Selbstbestimmungsrechts wahrheitswidrig, dass gegen ihn Ermittlungsverfahren anhängig waren, dürfe der Arbeitgeber das zwischenzeitlich begründete Arbeitsverhältnis nicht wegen dieser wahrheitswidrig erteilten Auskunft kündigen.

Vorliegend sei eine Erhebung von Daten, wie sie die unspezifizierte Frage nach Ermittlungsverfahren darstellt, nach den datenschutzrechtlichen Bestimmungen in Nordrhein-Westfalen nur zulässig, wenn sie durch eine Rechtsvorschrift erlaubt ist oder der Betroffene einwilligt. Solche Informationen zu abgeschlossenen Ermittlungsverfahren seien für die Bewerbung um eine Stelle als Lehrer nicht erforderlich und damit nicht durch § 29 des Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen gestattet.

Die allein auf die wahrheitswidrige Beantwortung der Frage nach Ermittlungsverfahren gestützte Kündigung verstieß deshalb gegen die objektive Wertordnung des Grundgesetzes, wie sie im Recht auf informationelle Selbstbestimmung, bei dem es sich um eine Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 GG) handelt, zum Ausdruck kommt. Sie war deshalb gemäß § 138 Abs. 1 BGB unwirksam.

BAG, Urteil vom 15. November 2012, Az. 6 AZR 339/11
Vorinstanz: LArbG Hamm, Urteil vom 10. März 2011, Az. 11 Sa 2266/10
Quelle: „juris“ vom 15. November 2012

3. Kein Betriebsübergang bei einem Hausverwalter

Das Bundesarbeitsgericht hat jetzt den Betriebsübergang eines Arbeitsverhältnisses mit einer nur mit der Verwaltung einer bestimmten Immobilie befassten Immobiliengesellschaft auf den neuen Eigentümer dieser Immobilie abgelehnt (das BAG hatte allerdings schon einmal für einen Hausmeister anders entschieden):

Das BAG hat entschieden, dass das Arbeitsverhältnis eines mit der Grundstücksverwaltung betrauten Arbeitnehmers einer Hausverwaltungsgesellschaft nicht auf den Erwerber der verwalteten Immobilie übergeht.

Der Kläger war bei der A. KG als technisch-kaufmännischer Sachbearbeiter beschäftigt. Einziges Betätigungsfeld der KG war die Verwaltung eines ihr gehörenden Büro- und Geschäftshauses in M. Die beklagte Stadt M. war Hauptmieterin des Gebäudes. Im Jahr 2010 erwarb sie diese Immobilie, welche den einzigen Grundbesitz der A. KG darstellte. Nach dieser Grundstücksveräußerung wurde die A. KG liquidiert. Der Kläger macht geltend, sein Arbeitsverhältnis sei im Wege eines Betriebsübergangs auf die Stadt M. übergegangen.

Der Klage auf Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis mit dieser fortbesteht, hat das Arbeitsgericht stattgegeben. Die Berufung der beklagten Stadt hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen.

Die Revision der Beklagten hatte vor dem BAG Erfolg.

Das von einer Hausverwaltung betreute Grundstück stellt nach den Ausführungen des BAG kein Betriebsmittel dar, sondern ist das Objekt der Verwaltungstätigkeit. Die Arbeitsverhältnisse der mit der Grundstücksverwaltung betrauten Arbeitnehmer der Hausverwaltungsgesellschaft gingen deshalb nicht auf den Erwerber der verwalteten Immobilie über.

Vorliegend war Betriebszweck der A. KG einzig die Verwaltung der in ihrem Eigentum stehenden Immobilie in M. Sie war demnach ein Dienstleistungsbetrieb. Diesen hat die beklagte Stadt M. nicht dadurch übernommen, dass sie lediglich das von der A. KG verwaltete Grundstück erworben hat.

BAG, Urteil vom 15. November 2012, Az. 8 AZR 683/11
Vorinstanz: LArbG Halle (Saale), Urteil vom 20. Juli 2011, Az. 4 Sa 442/10
Quelle: „juris“ vom 15. November 2012

Aktuell

 Auf dem Weg in die Planwirtschaft - ist das die Zukunft innerhalb der EU?

mehr ...

Ja, es gibt den Konsum Berlin noch, u.s. als Vermieter von wohnortnahen Handelsflächen in Berlin. 

mehr ...

Kehren die Konsum-Kaufhäuser zurück? Wenn es nach den Linken geht wohl schon.

mehr ...

Der Genossenschaftsverband - Verband der Regionen e.V. hat nun zusätzlich zu seiner durch die Zwangsmitgliedschaft gedeckten nahezu konkurrenzlosen Prüfung seiner Mitgliedsgenossenschaften auch die Wirtschaftsprüfung auf dem freien Markt im Visier.

mehr ...

Auflösung der Konsumgenossenschaft Altenburg aufgrund eines Gesetzes von 1934

mehr ...